Sunday Colours: no time for losers

In dieser Zeit, in der aus purer Panik und Hilflosigkeit über neue und teilweise haarsträubend unlogische Auflagen diskutiert und dieselben dann unverständlicherweise sogar durchgesetzt werden, sind wir ja alle mehr oder weniger herausgefordert, verwirrt, vielleicht genervt und/oder verzweifelt. Das wiederum ist logisch und verständlich. Ich persönlich mach mir jetzt nicht so viele Gedanken darüber, wenn mal wieder eine teilweise echt hirnrissige Regelung seitens der Landesregierung kommt. Brauch ich auch nicht, ich kann mir den korrekten Gebrauch von FFP2-Masken nämlich leisten. Und denjenigen, die das nicht können, bleibt halt mal wieder nix übrig als sich da durchzuschummeln. Was wiederum den Sinn der ohnehin relativ sinnfreien Maßnahme in Frage stellt, aber lassen wir's.

Für mich war die Hirnrissigkeit der Woche ohnehin eine ganz andere: die Schulen in Bayern werden derzeit vom Kultusministerium scheinbar dazu angehalten, möglichst wenige Kinder in ihre (gesetzlich vorgeschriebene) Notbetreuung aufzunehmen und mehr auf den in den meisten Fällen noch immer nicht (Entschuldigung: NULL!) funktionierenden Online-Unterricht zu setzen (vermutlich, um als fortschrittlich dazustehen), während die Mitarbeiter in der Jugendhilfe (also meine Kolleg/innen und ich!) von Seiten der Jugendämter dazu angehalten werden, alle Kinder ohne Ausnahme weiterhin in den Einrichtungen wie z.B. den Heilpädagogischen Tagesstätten zu betreuen. Bei all dem geht's natürlich um Geld und Prestige, nicht etwa um die Kinder, wie immer behauptet wird. Aber das ist der/dem klugen Leser/in ohnehin klar.

Andererseits hat ein Kind, welches in einer Jugendhilfemaßnahme betreut wird, automatisch einen Anspruch auf Notbetreuung in der Schule. Aha-aha. Ihr könnt Euch vielleicht vorstellen, wie da jetzt die Kinder hin- und hergeschachert werden. Lehrkräfte rufen bei uns in der Einrichtung an und verhandeln über Betreuungszeiten. Der reinste Basar, ich sag's Euch! Eltern werden von denselben regelrecht manipuliert, damit sie ihr Kind bloß nicht in die Schule schicken. In einem Fall wurde z.B. an das schlechte Gewissen eines alleinerziehenden Vaters appelliert, er solle bedenken, dass der Sohn sich durch die täglich wechselnde Betreuung in der Schule schließlich leicht mit dem Virus und all seinen buckligen Mutanten anstecken könne.

Kann er bei uns in der HPT natürlich auch, hurra! Spielt aber nur eine entsetzlich kleine Rolle. Kaum jemand weiß, dass es in der Jugendhilfe gar keine "Notgruppen" gibt, weil nach wie vor alle als "Notfall" gelten. Der Paragraph dazu nennt sich "Eingliederungshilfe". Um Kinder zu befähigen, sich in der Gesellschaft zurechtzufinden, kann man ihnen eben kein "Online-Training" anbieten. Wobei ich mich eh frage, wie lange das überhaupt noch nötig ist, wenn sich "Gesellschaft" so rasant verändert wie sie es gerade tut... aber das ist jetzt ein anderes Thema. (Trotzdem möchte ich hier mal zu bedenken geben, dass wir in 20 Jahren von Leuten regiert werden, die einen Teil ihrer Jugend mit verzweifelten Alkoholikern im Home-Schooling verbracht haben. War ein Witz...!).

 

Trotz allem bin ich persönlich nach wie vor guten Mutes und im Wesentlichen optimistisch, keine Ahnung, warum (vielleicht, weil ich das andere schon hinter mir habe 😁!). Aber weil ich so sensibel auf Pessimismus, Zynismus, Gemeckere und schlechte Laune anderer reagiere (ich schaffe es einfach nicht mit dem dicken Fell, noch nicht mal im Winter...!), bin ich momentan konstant hin- und hergerissen zwischen Verständnis, Verärgerung und Verdrängung. 

Ja, ich verstehe wirklich, dass Menschen im Homeoffice oder in Kurzarbeit mittlerweile verzweifeln! Ich hab sogar Mitgefühl für diejenigen, die jammern, dass sie seit Monaten weder beim Friseur (ich auch nicht! Ich färbe selbst! Ich schneide sogar selbst! Eh wurscht!) noch im Urlaub waren. Natürlich versteh ich das alles. Ich könnte mich auch jedes Mal nach dem Tragen einer FFP2-Maske übergeben, keine Ahnung, aber mir wird davon schlecht. 

Ich würde selbst so wahnsinnig gerne mal wieder ein, zwei Bierchen dichtgedrängt unter Menschen auf einem ultralauten Rockkonzert trinken. Ich vermisse das Reisen, und wie! Ich kapiere, dass man Probleme genau wie Menschen eben nicht vergleichen darf, nach dem Motto: "Iss deinen Teller leer, andere hungern!". Und ganz ehrlich: ich wüsste nicht, ob ich die Gelassenheit, die ich jetzt habe, mit 20 auch gehabt hätte! Ganz sicher nicht. Ich verstehe daher nach wie vor auch junge Menschen, die sich heimlich treffen. Auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt gelyncht werde.

Und ich hab sogar kapiert, warum die Mitarbeitenden in der Jugendhilfe - im Gegensatz zu den Lehrern! - mal wieder offensichtlich zu blöd sind, um es in rührselige Werbespots und auf irgendwelche Siegertreppchen zu schaffen, von Queen besungen, als Champions gefeiert! Wir scheinen uns ganz hinten, in den stinkenden Umkleidekabinen, wo die Loser hingehören, die nicht mitspielen dürfen, doch ganz wohl zu fühlen. Da lässt es sich auch viel besser über Ungerechtigkeiten und Missstände jammern. Hört dann nämlich eh keiner.

Ich kann alles nachvollziehen, aber hey, ohne Schmarrn, das ist für mich persönlich gerade eher pillepalle. Alle Energie, die ich besitze, versuche ich derzeit in das Unterfangen zu stecken, welches heißt: Zuversicht verströmen, an diejenigen, die diese dringend benötigen. (Wer also gerade ein paar Säcke Zuversicht übrig hätte...! ).

Alles andere wird so gut es geht verdrängt. Ich hab echt keinen Bock, mich noch über alles mögliche aufzuregen. Meine Freizeit möchte ich bitte in der Schutzblase meiner selbst geschaffenen heilen Welt verbringen (und mir die Haare schneiden). Ich bin mir völlig bewusst, dass dies ein großes Privileg ist. Andere können das nämlich nicht. Die haben keinen Schutz, keine heile Welt, keine Privilegien (manche noch nicht mal Haare). 

Sorry, das sollte eigentlich nicht so moralinsauer gemeint sein, wie es sich vielleicht anhört. Davon bin ich inzwischen echt meilenweit entfernt. Der erhobene Zeigefinger ist nämlich auch überhaupt nicht so meiner. Dann schon eher der daneben. Ich meine natürlich den "Find-ich-gut!"-Daumen 👍. Nicht, was Ihr jetzt wieder denkt...😁.

Auch wenn ich keine neuen Regelungen und Gesetze dafür brauche, was ich aus dem Schrank hole und anziehe, bin ich doch manchmal sehr froh über ein wenig Inspiration... zum Beispiel von TINA. Spitze hatt' ich noch, aber halt nicht in schwarz... und der Lederrock ist bei mir auch nicht aus Leder - aber mal ehrlich: na und 😁?!

OUTFIT:

Rock: ?? 

Stiefel: Tamaris, 2019

Tweed-Tasche: aus Lewis

Tweed-Brosche: aus Harris

Spitzentop: ??

Pullover: Second Hand

LOCATION:

Märchenhafte Pferdewiese im Schnee, München-Solln

(... jetzt wisst Ihr, warum's mir trotz allem so gut geht, 

wenn ich sowas seh, geht mir das Herz auf! 😁)