Sunday Colours: Fragen über Fragen

Anstatt den launigen April in all seinen Kapriolen zu erleben und zu genießen - ob nun hinter meiner Christo-esken Verhüllung (Danke für den Tipp, Sieglinde!) von Wohnhaus und Balkon, z.B. wie neulich mit bezaubernder Schnee-Schäfchen-Kunst...

... oder draußen mit schneebedeckten blühenden Obstbäumen - und dann natürlich nahezu sommerlichen Temperaturen und T-Shirt-Wetter, das einen fast schon wieder dazu verleitete, sich in den nächsten See zu stürzen - wurde ich zur jährlichen Fortbildungswoche gebeten. Und weil plötzlich viele Kolleg*innen krank gemeldet waren (ich lass das jetzt voller Verständnis unkommentiert so stehen) durfte ich in einer sehr geschrumpften, kuscheligen Kleingruppe "intensiv arbeiten". Uäh! Hurra! Aber es war gar nicht mal so schlimm, durch die Intensität waren wir schneller fertig und hatten noch was vom sonnigen Nachmittag, um zum Beispiel über systemische Kurzzeitberatung nachzudenken...

Bei mir gingen die Gedanken eher in die Richtung, dass es möglicherweise tatsächlich die Beatles waren, die das so genannte hypothetische Fragen als Teil der systemischen Beratung ganz konkret in einem Song anwandten: "What would you do if I sang out of tune? Would you stand up and walk out on me?" 😁Bei hypothetischen Fragen geht es nämlich gar nicht mal darum, konkret zu antworten ("Ach, mach dir ned ins Hemd, Ringo, weiß eh jeder, dass du nicht singen kannst!") - sondern sie geben laut den Psychotherapeuten Steve de Shazer und Insoo Kim Berg dem Klienten die Möglichkeit, neue Blickwinkel und Lösungsansätze in Gedanken durchzuspielen ("Beim nächsten Mal, wenn dieser langweilige Oldie-Kack im Radio läuft, werf ich letzteres aus dem Fenster - von wo es dann vermutlich wegen der Christo-Verhüllung direkt wieder zurück und auf mein Hirn prallt...! Hmmm... wohl irgendwie auch keine Lösung...!"). 

Alles schön und gut in der Theorie. Bloß, dass diesen ganzen verwirrenden Fragetechniken, ob nun zirkuläre, ressourcenorientierte, Skalierungs- oder Wunderfrage - und wie sie alle noch heißen - eventuell in der Praxis an einem winzigen Detail scheitern könnten: an der Sprache nämlich. Genauer gesagt, am Sprachverständnis. 

Denn natürlich würdet Ihr, meine klugen Leserinnen, keinerlei Probleme mit so ganz einfachen, easy-peasy mit links aus dem Ärmel geschüttelten systemischen Fragen haben wie: 

"Angenommen, Ihr Dackel könnte sprechen: was müsste passieren, damit er Ihren Hamster überzeugt, Ihrer Katze zu verklickern, eine Fee zu bestellen, die auf einem violetten Besen angeschwebt kommt und Ihnen die berühmte Wunderfrage stellt? Was würde Nachbars Frettchen dazu sagen?? Und was - aus der Sicht Ihres Meerschweinchens - bewegt mich wohl dazu, Ihnen eine derart komplizierte, nervtötende Frage zu stellen, die nicht mal ein Mensch mit dem IQ von Einstein beantworten könnte?? Und wie hoch ist aus Ihrer Sicht wohl die Wahrscheinlichkeit - auf einer Skala von 1 bis 10 - dass ich mich jetzt noch daran erinnere, was ich eigentlich gleich nochmal von Ihnen wissen wollte??"...

Na gut, ok. Ist möglicherweise ein klein wenig mit mir durchgegangen gerade 😁. Aber ich dachte, dass Ihr bestimmt brennend (schnarch!) an einem Beispiel (gäähn!) interessiert seid. Ja ja... ist ja auch vielleicht nicht so wichtig. Aber ich hatte zwischendurch echt Spaß daran, mir bildlich vorzustellen, die systemische Fragetechnik bei einer meiner "Mütter", welche im Speziellen meistens umgeben von einer tendenziell auf-Krawall-gebürsteten Aura misstrauisch, traumatisiert und ängstlich, mit finsterem Blick und verschränkten Armen vor mir sitzt und mich auf unverständlichem African-English anbellt, was sie jetzt schon wieder hier soll, anwende - und prompt bekam ich einen inneren Lachflash nach dem anderen. 

Ihr seht, ich kann mich sogar bei systemischer Fragetechnik im Stillen amüsieren.

Ach ja. Manchmal hält die Theorie der Realität eben nicht annähernd stand. Vielleicht schlag ich ihr beim nächsten Mal einfach nur vor: Lend me your ear and I'll sing you a song... oder ich zeig ihr ein paar Fotos vom letzten Urlaub... wurscht, sie denkt ja eh, dass ich ein Rad ab habe, weil ich sie immer wieder einlade und sie sich nicht annähernd vorstellen kann, was ich eigentlich von ihr will und was das für Luxusprobleme sein könnten, mit denen sich ihr Kind herumschlagen soll.

Nichtsdestotrotz bin ich gewillt, mal wieder ein paar dieser Techniken aus der Kiste zu kramen und live und in Farbe anzuwenden - mal sehen, was passiert. Jetzt ist aber erstmal Ostern und verlängertes Wochenende... und zwar gar nicht hypothetisch, sondern ganz real. Oh, stimmt, ganz vergessen: Angenommen, es gäbe den Osterhasen und er könnte sprechen: wie solltet Ihr - aus seiner Sicht - die Feiertage wohl am Besten verbringen?

Frohe Ostern! 🐇🐇🐇

OUTFIT:

alles aus dem Kleiderschrank geshoppt

Rock: uralt, 2. Hand (aus den 80ern)

Jankerl: 2. Hand

Tasche: aus Harris, Schottland

Tuch: da Sempre

Stiefel: Rieker

Ring: ??

LOCATION:

Garten/Innenhof Nachbarhäuser