Sunday Colours: nix Besonderes...

...vorgehabt - nur mal wieder ein wenig am Starnberger See flaniert! Also, ich finde ja, wenn man das sagen kann, hat man alles richtig gemacht im Leben - wie ich! Trotz meines aufregenden, urbanen City-Lifestyles brauch ich mit der S-Bahn keine 30 Minuten ins Urlaubsparadies... dafür spuckt mich der Waggon sozusagen direkt an der feinen Seepromenade wieder aus, direkter geht's ja wohl kaum.

Von hier aus schlendere ich dann am hübschen grünen Ufer entlang, kehre vielleicht in eines der zahlreichen Cafés oder Restaurants ein, könnte auch eine Schiffsfahrt machen oder einfach bei herrlichstem Spätsommer- aka Frühherbstwetter die nun wieder angenehm warme Sonne und den Blick aufs Wasser genießen.

Es macht überhaupt nichts, dass ich selbst weder eine der Starnberger Villen, noch einen Bootsanleger, noch einen Stammplatz in Käfer's Wiesnschänke mein Eigen nennen kann, oder dass ich keine gebügelten weißen Blusen im Schrank, nicht eine klitzekleine gewaschene Million auf dem Konto habe und Euch zudem alles andere als eine gebotoxte Stirn biete - immerhin besitze ich ein komplett faltenfreies Inneres: Zufriedenheit... Entspannung... Ausgeglichenheit... Harmonie... Achtsamkeit... lalalalala. Sowas von im Reinen mit mir selbst... haaaachjaaaaaa...

...uäh. Entschuldigt bitte. Ich glaub, jetzt ist's passiert: mir ist von meinem eigenen Glücks-Gesülze übel geworden! Und überhaupt, mal Butter bei die Starnberger Fische: schon gehört, dass sich Humor, Wortwitz und Ironie proportional zur Befindlichkeit verhalten? Dass robuste Zufriedenheit und hochsensible Künstlerseele einfach nicht kompatibel sind? Dass dieses dröge Dahinplätschern ausschließlich positiver Emotionen zu Nebenwirkungen wie Ermüdungserscheinungen, Monotonie, Gleichförmigkeit und schlimmstenfalls Stumpfsinnigkeit führen kann?

Mal drüber nachgedacht, wie nichtssagend, öde und langweilig - auch für die noch so begeisterungsfähige Leserin - Eure Farbwunder-Sonntagslektüre künftig sein könnte, wenn dieser Zustand bei mir noch wesentlich länger anhält? Ihr könnt doch nicht ernsthaft wollen, dass meine Texte so nach und nach zu armseligen Selbstbeweihräucherungs-Hymnen verkommen...?

Habt Ihr den Hauch einer Ahnung, wie unerträglich das auch für Euch wird, falls es mir weiterhin so verdammt gut geht? Wenn es nichts mehr gibt, worüber ich mich aufregen oder lustig machen kann? Tja Leute, so schaut's nämlich aus: es gibt keine schwarze Satire ohne Dunkelheit, keinen Galgenhumor ohne Strick um den Hals, keinen Sarkasmus und keine Parodie ohne wenigstens ein kleines bisschen Boshaftigkeit im Sinn...!

Huch! Aber nicht doch!!! Gemeinheit ist doch soooo böse, Gehässigkeit voll schrecklich, und Lästern darf man nicht, nie-nie-nie-mals! Und gar Selbstkritik...! Die Saat des Teufels! Nicht nur den widerlichsten Mitmenschen soll man alles verzeihen, sondern vor allem sich selbst, denn nur so erlangt man Freiheit und Glücksseligkeit. 

Pfff, von wegen! Letztendlich bedeutet das doch nur, nie mehr ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, selbst, wenn man fiese und gemeine Dinge zu anderen sagt, einen grauenhaften Kleidungsstil und einen entsetzlichen Musikgeschmack pflegt oder der Umwelt kolossal auf die Nerven geht. Ehrlich, diese inflationäre Vergebung, dieser Mangel an Scham, ist nicht nur überflüssig, sondern ein äußerst nützliches Tool für unangenehme Zeitgenossen. 

Äh... wie jetzt, Ihr meint, ich soll im Blog ab sofort halt einfach nur noch über das Positive im Leben berichten, zum Beispiel über die nette Supermarktverkäuferin, das liebe Kind mit den Gänseblümchen im Haar, den warmen Sonnenschein... uuuuuuiiii... den süßen kleinen Hund... äh... Kätzchen... mit... chrrrrrr... den... gäääähn!... Samtpfötchen.... ich... meine... schnarchchch...

Ups. Sorry, bin grad kurz weggedöst. Wo war ich gleich nochmal stehengeblieben? Ach ja: Blablabla und langweiliges Rumgesülze, stellt Ihr Euch das etwa so vor? Ständig alles toll, großartig, fabelhaft und O.M.G.?? I loooove my life??? Tralali und Tralala? Solange, bis mich die meditative Entspanntheit ständig einschlafen lässt, mir die fröhliche Sorglosigkeit sämtliche verbliebene Gehirnzellen wegätzt, das Eigenlob anfängt, übel zu stinken und es mich innerlich auffrisst, dieses tumbe Wohlbefinden?? 

Und übrigens, seit wann sagen wir im ollen, philosophisch-tiefgründig-schwermütigen Europa eigentlich dauernd großartig und fabelhaft? Hä??!

Puuuuuuuuh!

Entschuldigt bitte, falls ich Euch erschreckt habe, die zartgrüne Piep-piep-piep-Selfcare-Blase zum Platzen gebracht hab oder die rosarote Positives-Denken-Brille für den getrübten Durchblick auf der Nase nun etwas wackelt... aber das musste jetzt mal raus...! 

Und schon fühl ich mich wieder richtig beschwert und belastet! Der Blutdruck ist auch am Steigen! Vielleicht werd' ich heute Nacht sogar lange wachliegen und grübeln wie schon lange nicht mehr... denn das wird meine Kreativität befeuern, meinen Scharfsinn anregen und mich davor bewahren, noch völlig zu verblöden. 

Tja, nur kein Neid! Befolgt lieber meinen heißen Tipp an Euch: manchmal muss man halt einfach nur achtsam innehalten und alles auch mal von der negativen Seite betrachten - auch, wenn's schwer fällt! 😁

OUTFIT:

KLEID: BITTE KAI RAND (TKMAXX)

SCHUHE: GABOR (2018)

TASCHE: AUS KOH SAMUI

RING: DIY