Sunday Colours: Care-Wochen

In der Winterferienwoche war ich mit den Kids gleich zweimal beim Eislaufen im Olympia-Eisstadion, einem der wenigen Vergnügen, dem man bis dato noch maskenlos und ungeimpft (die Kiddies natürlich, nicht die Erwachsenen, da galt 2 G) nachgehen konnte. Und so ein kleines Vergnügen brauchen wir doch alle gerade, es ist nämlich niemandem geholfen, wenn man betroffen zu Hause sitzt und sich ein Insta-taugliches blau-gelbes Accessoire ans schicke Blüschen tackert. 

Ach Mist, dabei wollte ich doch nicht mehr so sarkastisch sein! Schon gar nicht nach meinen Erfahrungen auf dem Eis. Denn was ich Euch eigentlich erzählen wollte: so, wie im Schwäbischen die berühmt-berüchtigte "Kehrwoche" regiert, was bedeutet, dass vor allem ältere Nachbarn dich mit eisiger Missbilligung und Verachtung strafen, falls du mal 5 Minuten zu spät dran warst, das Treppenhaus unter Blut, Schweiß und Tränen zu wienern, bis es glänzt wie eine Speckschwarte, genauso gibt es unter den Eisläufern scheinbar konstant laufende (besser gesagt: gleitende) "Care-Wochen"... Ice-Skater scheinen, wie ich festgestellt habe, eine ganz eigene Spezies zu sein, sozusagen eine Caring Community. Von wegen frostig!

Sobald ein Kind hinfiel (was im Schnitt alle 4 Sekunden passierte!) die Bindung am Schlittschuh heraussprang oder die Schnürsenkel sich lockerten, war augenblicklich jemand zur Stelle, um aufzuhelfen, nachzujustieren, übern Kopf zu streicheln, die helfende Hand zu reichen. Eigentlich musste ich diesmal gar nix tun, nur zuschauen. Zum Beispiel auch, wie eine junge Frau fast eine halbe Stunde lang hingebungsvoll versuchte, dreien meiner Mädels eine Pirouette beizubringen. Ich war echt geflasht!

Eigentlich hätte es mich nicht gewundert, wenn jetzt noch alle im Chor "Love and understanding" gesungen hätten. Und wer jetzt denkt: naja, zu Kindern ist doch jeder freundlich (höhö, guter Witz!) - auch unter den Erwachsenen herrschte so eine eigenartig entspannte Stimmung... fast möchte ich mich dazu hinreißen lassen, sie "Herzlichkeit" zu nennen. Eine ältere Dame wünschte mir "Alles Gute!", einfach so. Wildfremde Menschen strahlten mich an. Auch einfach so. Wenn jemand auf dem Eis unsicher wackelte, fuhr man rücksichtsvoll einen großen Bogen um ihn, nicht, ohne ihm ein aufmunterndes Lächeln zu schenken... hä?

Joah, wo samma denn? Woher kommt plötzlich diese Freundlichkeit und Solidarität in der bayrischen Grantler-Hauptstadt? Liegt es etwa am selben Boot, in dem wir alle sitzen? Aber dann hätten die Menschen die letzten zwei Jahre ja auch besonders nett zueinander sein müssen. Tja, weit gefehlt! Aber wurscht, welche Pülverchen und Pillen die mit ihren Eiswalzen in der Pause heimlich ins gefrorene Wasser stampfen... nach diesen beiden Tagen wollte ich unbedingt noch mehr davon!

Deshalb hab ich mir kurzentschlossen (vor Saisonende reduzierte) Schlittschuhe geleistet (bei den schweineteuren Leihpreisen - 10 Euro pro Kopf und zwei Stunden!) rechnet sich das ja schnell. Und ein Paar Knieschoner... ich hab nämlich Schiss, dass ich auf meine ohnehin schon malträtierten Kniescheiben knalle... autsch! Und gleich am darauffolgenden Wochenende meine neuen Skates und Knieschoner dann "privat" ausprobiert... was soll ich sagen: es war Sonntag und die Hölle los, aber egal. Das Eis war glatt und die Stimmung nach wie vor gut! Und es machte Spaß! Nennt mich ruhig Kati... oder Elsa, die Eiskönigin! 😁

Und den Menschen, die sich jetzt in aller Betroffenheit fragen, ob man denn im Moment überhaupt Spaß haben darf, weil ja schließlich Krieg in Europa herrscht (schon auch echt seltsam, dass alle irgendwie zu glauben scheinen, es hätte seit 1945 keinen Krieg mehr in Europa gegeben...!) - es gibt eine ganz einfache Rechnung: wenn ich Spaß habe, geht es mir gut. Nur, wenn es mir gut geht, kann ich mich dem Leid anderer Menschen annehmen, ohne zeitgleich im Selbstmitleid zu versinken, sonst wird nämlich außer einem blau-gelben Schleifchen eh wieder nix draus.

OUTFIT:

Strickkleid: Heine 2020

Blazer: ?? älter

Schuhe: Rieker

Tasche: aus Meran, 2021

Kette: DIY

LOCATION:

München, alte Residenz