Sunday Colours: meine kleine Welt

„Vom Ernst des Lebens halb verschont, ist der schon, der in München wohnt“, sagte Eugen Roth - und Recht hat er!  Denn egal, wann ich durch diese Stadt flaniere: ich hab immer das Gefühl, die Leute sind im Urlaub! Sie sitzen in der Sonne, die hier offensichtlich sehr oft scheint, plaudern, genießen, schlemmen, sind gut angezogen und bestens gelaunt! (Was vermutlich daran liegt, dass ich selbst meistens gut gelaunt bin, wenn ich durch München schlendere...).

Man kann nämlich gar nicht anders. Auch, wenn die Stadt kein besonders gutes Image nach außen hat. Zu schick, zu spießig. Sauber, sicher und kleinbürgerlich. Nix los, nie verändert sich was, und wo sind hier eigentlich die Künstler, Querdenker und Ausgeflippten? Man hat das Gefühl, man befindet sich in einer Art Mikrokosmos aus Exklusivität, Sauberkeit, steter Polizeipräsenz und horrendem Mietspiegel, in dem ansonsten nie etwas passiert. 

Sehr oft habe ich in den letzten 20 Jahren darüber nachgedacht, dass ich mich woanders vielleicht noch wohler fühlen würde. Zum Beispiel in Berlin, weil es dort vermutlich wirklich wurscht ist, wer man ist, wie viel man verdient, wo man herkommt, was man anzieht und wie unkonventionell man lebt. Wie oft habe ich mir ein bisschen mehr Offenheit und echte Herzlichkeit gewünscht, die ich beispielsweise in Köln erlebt habe. Dort wird man nämlich einfach von Wildfremden angelacht und angesprochen! Unglaublich. Und die Leute haben nicht ständig Schiss, dass du was von ihnen willst. Womöglich sogar Hilfe oder so. 

Und ja: wie oft hab ich den Feinstaub verflucht! Und den MVV. Und die Autos. Hatte Sehnsucht nach Bergen oder Meer oder einfach Wald. Natur und Stille und keine nervigen, scheinbar schwerhörigen Nachbarn, die sich bis nachts um 2 anschreien, weil sie schließlich den Fernseher, der in einer Höllenlautstärke direkt unter meinem Schlafzimmer läuft, übertönen müssen!

Ach, wie oft hab ich mit dem Gedanken gespielt, auszuwandern - weit, weit weg von hier! Mal in eine komplett andere Welt einzutauchen... gerade dann, wenn die Tage und Nächte kälter werden, packt mich die Sehnsucht nach fernen Ländern. Und dieses Fernweh schmeckt bitter und süß zugleich.

Bis ich dann eines Abends meine Wohnungstür aufschließe und mich wie aus dem Nichts ein vertrautes, samtiges, warmes Gefühl umgibt. Weil ich gerne nach Hause komme. Weil ich gar nicht weiß, ob ich überhaupt jemals wieder umziehen können werde. Weil mir meine kleine, so vertraute, sichere Welt eigentlich vollkommen ausreicht. 

OUTFIT: alles alt und aus dem Kleiderschrank geshoppt

LOCATION: die Würm bei Starnberg