Colours of the world: mal flix nach Verona

Wie Ihr vielleicht wisst, bin ich überhaupt kein Fan des so genannten "Positiven Denkens um jeden Preis". Natürlich ist es nett, und hilft auch sicher meiner physischen und mentalen Gesundheit, wenn ich einer wirklich blöden Situation etwas Komisches abgewinnen kann - deshalb finde ich Humor ja auch so essenziell im Leben. Aber - wie es so schön heißt - einfach nur der "Scheiße ein Sahnehäubchen aufzusetzen", und dabei alles auf Teufel komm raus wegzulächeln, finde ich eher albern und überbewertet. Wenn man es nicht fühlt, das Positive, kann man es nämlich auch gleich lassen. 

Klar nervt eine zweistündige Flixbus-Verspätung an einem sonnigen Feiertags-Morgen ohne irgendwelche Angabe von Gründen. Vor allem, weil es der letzte sonnige Tag sein sollte, den ich am Ziel der Busfahrt - im norditalienischen Verona - genießen wollte, bevor es dunkel wird. Denn am nächsten Tag ist starker Regen angesagt, und am Tag darauf... na ja. Reden wir nicht darüber. Aber ich würde behaupten, dass ich die Warterei relativ gelassen hinnehme, im Gegensatz zu einigen der anderen Fahrgäste...!

Dennoch wäre es gelogen, wenn ich mich nicht im Stillen über die Bordcrew, bestehend aus einer - hmmm, "schlecht gelaunten" wär wohl die Untertreibung des Jahrhunderts - Dame, wundere, welche die Passagiere anschnauzt, sie dürften im Bus nicht essen (seit wann denn das?), sich willkürlich bereits kontrollierte Fahrkarten vorzeigen lässt und eine junge Frau barsch anweist, sie solle ihre - auf dem freien benachbarten Sitz abgelegte - Handtasche gefälligst woanders verstauen, da sie den Sitz neben sich ja schließlich nicht reserviert habe... (wie gesagt, der Sitz blieb unbesetzt bis Verona!). 

Aber dann schüttele ich mein Unbehagen einfach wieder ab und konzentriere mich auf all das Schöne dieser Fahrt: ich habe einen super Platz (ebenfalls ganz ohne Sitznachbarn, also kann ich mich breit machen... (aber nicht zu sehr, nicht, dass ich auch wie ein Schulmädchen abgekanzelt werde!), die Sonne scheint (noch!), die Käsebreze, die ich hinter vorgehaltener Hand zwischendurch klammheimlich kaue, (nicht, dass ich noch bei laufendem Motor rausgeschmissen werde!), schmeckt lecker. 

Außerdem kann ich bei der landschaftlich abwechslungsreichen Fahrt über den Brenner und durch Südtirol, endlich mal ausgiebigst die Gegend betrachten (wenn man selbst fährt, ist das ja eher keine so gute Idee!). Des Weiteren benehmen sich alle anwesenden Fahrgäste rücksichtsvoll und angemessen leise (vermutlich haben alle Angst vor der grantigen Signora!). Und noch dazu ist so ein Kurztrip doch immer ganz schön fürs Gemüt, ob's nun regnet oder stürmt...

Die in Verona gemietete Ferienwohnung, in welcher ich dann insgesamt mehr Zeit verbringe als ursprünglich geplant (ich mag Regen, aber wenn's im Urlaub ununterbrochen schüttet, hat man ja nicht wirklich Lust, sich den ganzen Tag draußen aufzuhalten!) ist auch ganz gemütlich... und die Küche bestens ausgestattet, so dass ich mir die zuvor im italienischen Supermarkt gekaufte Pasta abends zubereitete... auch das ist Urlaub! Für mich jedenfalls.

Am nächsten Tag ziehe ich meine Regenjacke an, schnappe mir einen Schirm und gehe meiner Lieblingsbeschäftigung nach: stundenlangem Herumlaufen... dabei fällt mir mal wieder auf, dass es im pittoresken, zum Schreien schönen, uralten und dennoch modern-stylischen Italien zugleich die deprimierendsten Ecken gibt, die man sich nur vorstellen kann. Lost Places a l'Italia!

Na ja, aber bei grauem Himmel sieht ja nix wirklich hübsch aus... trotzdem ist Verona natürlich eine wunderschöne Stadt, gar keine Frage! Auch, wenn einem dieses "Romeo-e-Giulietta"-Gedöns irgendwann ziemlich auf den Keks geht und die Arena zwar beeindruckend ist, aber im Endeffekt halt auch nur aus einem im Oval angeordneten Haufen alter Steine 😁(immerhin aus dem ersten Jahrhundert, das muss man sich mal vorstellen!) besteht... ähem, was bin ich nur für ein Kulturbanause! Ach nein, lasst es mich positiv formulieren: ich war echt schon zu oft in Italien, als das mich der olle Kram noch wirklich beeindrucken würde!

Am Ende kommt die Sonne dann doch noch raus. Kurz bevor es wieder zu regnen anfängt. Hab ich fototechnisch gleich ausgenutzt Und weil ein Kurztrip eben ein Kurztrip ist, gibt's diesmal auch keine ellenlangen Fotoserien... ich hoffe, Ihr seid auch mit ein paar Handy-Schnappschüssen zufrieden! 

Wenn Ihr diesen Post lest, bin ich schon wieder auf dem Weg über den Brenner nach Hause. Ach ja, warum ich mit dem Flixbus statt mit dem Zug gefahren bin? Kann ich Euch verraten: das Ticket kostet halt weniger als die Hälfte einer Zugfahrkarte und man ist nur unwesentlich länger unterwegs.

Verspätungen und Unfreundlichkeit können einem mit der Bahn auch passieren, und falls sich die Damen und Herren DB irgendwann wieder dazu durchringen sollten, die Schiene wieder pünktlich, bezahlbar und komfortabel - beispielsweise durch Nachtzüge! - zu machen, wär ich die Erste, die einsteigt. Bis dahin ist das Bus fahren für längere Strecken eben meine Alternative.