Sunday Colours: Männer in Sozialberufen


Respektive eine weitere Folge "Von der Tellerwäscherin zur Tellerwäscherin - Karrieretipps für Frauen in Helferberufen, die kapiert haben, was den prozentual deutlich unterlegenen männlichen Erziehern, Sozialpädagogen, Psychologen und Sonderpädagogen wirklich wichtig ist. Natürlich ausschließlich die eigene Wichtigkeit Menschlichkeit - was wohl sonst?" 

Um es gleich vorwegzunehmen: freilich weiß ich, dass es in Heimen, Förderschulen und Kindereinrichtungen aller Art äußerst sensible, mitfühlende und rücksichtsvolle männliche Artgenossen gibt, mitten in einer - zumindest vor Jahrzehnten noch - ziemlich lupenreinen, facettenreichen und glänzenden Frauendomäne mit nur wenigen männlichen Einschlüssen, um es mal in der Fachsprache der Diamanthändler auszudrücken 😂, aber inzwischen sehen wir tatsächlich nicht wenige Verunreinigungen... äh. Uups, besser ich verlasse den Diamanthändler-Fachjargon gleich mal wieder... 


Aber wie ihr bestimmt richtig vermutet, bin ich eine Frau - und als solche auch noch mit Erfahrung, Hypersensitivität, Traumata und genügend Aufmerksamkeits-Defizit-Syndromen ausgestattet, um tatsächlich haarklein wahrzunehmen, was da so läuft, im so genannten "sozialen" Bereich, mit den paar Männern. Und überhaupt so. Diese wertvollen Erkenntnisse will ich keinesfalls für mich behalten, sondern euch einige der wichtigsten Sozpäd-Arten beschreiben, die ganz sicher nicht nur in diesem Berufszweig ihr Unwesen treiben. Aber andererseits halt doch speziell dort.


Der Dino

Interessanterweise sitzt diese Spezies überdurchschnittlich häufig noch und bereits an den Leitungsstellen, wenn frau sich irgendwo bewirbt. Echte Dinos geben sich - besonders Berufseinsteigerinnen gegenüber - bestenfalls gönnerhaft, schlimmstenfalls einfach voll daneben

Als junge Frau in meinen Zwanzigern wurde ich einmal von so einem Exemplar gefragt, ob ich "etwa auch so eine Emanze" und "gegen Männer" sei. Als ich antwortete, dass ich die Frage ehrlich gesagt nicht ganz verstünde, kam nur weiteres unprofessionelles Gestammel. Ihr könnt euch denken, dass ich den Job danach nicht mehr wollte.

Die meisten Dinos haben vor Urzeiten mal Sozialarbeit studiert, sich seither nicht mehr wirklich weiterentwickelt, und sind noch immer von inzwischen umstrittenen Methoden wie stillen Stühlen, angeordneten Auszeiten und der Wichtigkeit von Fußballvereinen überzeugt. Geleitet werden sie nicht nur von großer Angst, dass jemand ihr pädagogisches Nichtwissen und ihre Unprofessionalität durchschauen könnte, sondern auch dem Wunsch, die Zeit bis zum Ruhestand möglichst unbehelligt abzusitzen.


Der Theoretiker

ist permanent am Sabbeln, weil er - ganz ähnlich dem Dino - von der Furcht besessen ist, jemand könnte ihm auf die Schliche kommen. Denn dieser Typus ruft auch nicht gerade begeistert "Hier!", wenn es um Arbeitsverteilung geht. Daher wird von ihm gerne alles negativ zerredet, von Vorneherein zum Scheitern verurteilt und jedweder Hauch Idealismus sarkastisch als retardierte Naivität abgetan. Man könnte also sagen, er versteckt sich gern hinter seinem Fachwissen, welches er jedoch eher selten anwendet.

Gerne schießt er in Diskussionen verbal defensiv zurück, obwohl er gar nicht angegriffen wurde. Im Zweifelsfall erkundigt er sich bei einem praktischen Vorschlag nach der dahinterstehenden Methodik und einer bereits ausgefeilten Lösung, weil er hofft, so gleich mal alles im Keim zu ersticken, was nach aufwändigem Engagement aussehen könnte. 

Manchmal kommt es beim Theoretiker zu absurder Situationskomik, gerade im Dialog mit erfahrenen Mitarbeiterinnen (niiicht mit miiiirohhhh neeeiiin!) welche sich durch solche Verwirrspiele äußerlich nicht aus der Ruhe bringen lassen (während innerlich ein Vulkan der Gewaltfantasien brodelt... 😱). 

Denn während brauchbare Vorschläge offiziell wie oben beschrieben behandelt werden, notiert der Theoretiker klammheimlich das Gesagte mit, was dazu führt, dass alles im Anschluss haarklein genauso umgesetzt - wobei der Theoretiker hier gern delegiert - aber am Ende halt so getan wird, als sei es auf dem eigenen Mist gewachsen

Sogar Sprachstil und individuelle Satzkonstrukte werden ins eigene Repertoire übernommen und ein paar Tage später ist klar, dass es sich hier mal wieder um einen klassischen Fall von Ideenklau handelt. Ich kann euch nur bestätigen: es ist äußerst seltsam, sich selbst sozusagen durch das "Medium" des Theoretikers sprechen zu hören!



Der Superheld

Superhelden sind häufig vom fragwürdigen Ehrgeiz getrieben, binnen weniger Tage im Job beweisen zu wollen, wie schnell sie eine Gruppe "in den Griff" kriegen, anstatt sich (den Kolleginnen und nicht zu vergessen dem Klientel) die Zeit zu geben, die Beziehungsarbeit nun mal braucht. 

Mal abgesehen von der Lächerlichkeit, Menschen "im Griff" haben zu wollen wie der Alkoholiker seinen Konsum, unterstellt der Superheld dem weiblichen Personal gerne mal (Geduld, Beobachtung, Zurückhaltung und Nachfragen sind halt einfach nicht so sein Ding), dass die bisherigen Versuche, die Kinder bestmöglich zu fördern, logischerweise gescheitert sind sowie bislang triste Ödnis und Verdammung herrschte. 

Aber gar kein Problem: er ist ja nun da und rettet sie alle, Hurra! Leider verursacht diese Spezies oft binnen kürzester Zeit völliges Chaos (Absprachen sind halt auch einfach nicht so sein Ding). bei Kindern, Eltern, Betreuerinnen, Leiterinnen, Lehrerinnen - warum nur? Sie alle sollten sich doch dankbar in seine Arme werfen! Macht aber nix, wenn seine genialen Fähigkeiten nicht geschätzt und bewundert werden, zieht der Superheld eben zum nächsten Ort, bei den zumeist von Beziehungsabbrüchen geprägten jungen Menschen eine weitere Kerbe hinterlassend. Gerade in Zeiten der schnelllebigen Wegwerfbeziehungen ist der Superheld als männliches Vorbild nicht besonders gut geeignet. Genauso wenig wie...



Der Gutmensch

Natürlich habe ich prinzipiell gar nix gegen gütige Menschen, die viel Positives bewirken, und von denen es meines Erachtens nach eine größere Anzahl gibt als von der Allgemeinheit angenommen. Sogar unter den Männern! 😂Aber der stereotypische männliche (Pseudo-)Gutmensch im Sozialbereich glaubt halt in der Tat, das Monopol auf Menschlichkeit und Seelenheil zu besitzen, wobei er in erster Linie einfach nur dermaßen von sich selbst überzeugt, eitel und tendenziell narzisstisch rüberkommt. Und zwar durch und durch. 

Der klassische Sozpäd-Gutmensch beruft sich gerne auf christliche und moralische Werte, von denen er meint, sie exklusiv gepachtet zu haben und somit dringend missionarisch und belehrend an die armen, benachteiligten Kinder, die unfähigen Eltern sowie die vom Glauben abgefallenen Kolleginnen weitergeben zu müssen. Im Grunde führt er sich auf wie eine Art Messias, der ähnlich dem Superhelden alle retten will - nur mit dem Zusatz, dass sein vordergründiges Bestreben, Heil unter die verdorbene Menschheit zu bringen, schnell als getarnte Arroganz sichtbar wird. 



Ich denke, ich habe genug aus dem Nähkästchen geplaudert und spare mir das Sensibelchen, den Pseudo-Feministen, den ewigen Nörgler, den Verständnis-Heuchler oder den Job-Nomaden (der sich so lange krankschreiben lässt, bis er in Ruhe einen andere Stelle gefunden hat). Und keine Sorge, all diese Arten findet man zwar vereinzelt in den Helferberufen, aber zum Glück meist nur tendenziell und ganz selten alle auf einem Haufen. 

Inzwischen lasse ich mich überhaupt kein bisschen mehr von Worten, Selbstbeweihräucherung, Fachwissen, Karrierestreben, Gutmenschentum, Helfersyndromen und dem allgemeinen Gejammere über fehlende Wertschätzung beeindrucken - am Ende werden Taten, Ergebnisse, kreative, praktikable Ideen, eine tragfähige Beziehung zu Kindern und eine vertrauensvolle Elternarbeit im wahrsten Sinne des Wortes honoriert. Aber über Geld spreche ich nicht - schon gar nicht mit meinen männlichen Kollegen 😂.


OUTFIT:
Kaschmirstrickjacke: TkMaxx
Kleid: Opus (2023)
Sonnenbrille: TkMaxx
Taschenriemen, Mütze, Schal: Da Sempre
Stiefel: Rieker (2020)
Kette: aus Bangkok
Ring: DIY

Kommentare

  1. Liebe Maren,

    das ist eine interessante Aus-dem-Nähkästchen-Plauder-Geschichte. Find ich immer interessant zu lesen, wie es hinter den Kulissen ab- und zugeht.

    Ich kenne einen Sozialarbeiter (männlich) privat. Er kümmert sich um suchtkranke Erwachsene. Ich mag ihn sehr und überlege, in welche deiner Kategorien er passt. Da fällt mir so schnell keine ein.

    Dein Outfit ist toll! Ich mag das Grün der Strickjacke, habe ja auch einen Kashmirpulli in salbeigrün geschenkt bekommen ( weil er nicht mehr passte) und trage ihn in den letzen Tagen oft. Die Mütze ist der Hingucker, überhaupt die ganze Maren an einem trüben November rain day.

    Viele Grüße,
    Claudia

    PS. Einer meiner absoluten Helden ( Freddie ) musste uns vor genau 33 Jahren verlassen. Wie lang ist das her???

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