Sunday Colours: No-Brainer

Meine Mutter tat zu Lebzeiten sicher nicht immer alles zum Wohl ihrer Kinder, denn sie hatte echt ganz andere Probleme, aber sie impfte mir bereits in jungen Jahren so ganz unbeabsichtigt eine Art Unrechtsbewusstsein ein, indem sie bedeutsame geschichtliche Ereignisse in ihren Erzählungen stets mit Emotionen verknüpfte. Obwohl sie selbst bereits in der Nachkriegszeit geboren wurde, wusste sie dennoch, wie man beispielsweise die Essenz der NS-Propaganda in expressive Worte fasste.

So bleibt mir der völlig bekloppte, von Göring mitten in die damalige Lebensmittelknappheit der Vierziger Jahre ins Volk gespuckte Aufruf "Wollt ihr Butter oder Kanonen??" bis heute im Gedächtnis haften. Und meine Mutter ergänzte bildhaft, während mir der Mund offen stand, dass die geifernde Meute daraufhin begeistert "Kanonen!!!" brüllte - boah! Damit war die Sache für das moppelige, verfressene Kind, das ich damals war, komplett besiegelt! Zutiefst empört war ich! Meinte er wirklich... Kanonen? Konnte man mit den Dingern etwa Kuchen backen? Hä??? Na, also! Die Nazis mussten derart böse gewesen sein. Diese Erkenntnis brannte sich jedenfalls augenblicklich und irreversibel in mein kleines Mini-Hirn ein. Vom Holocaust ahnte ich damals noch nicht einmal.



Was ich damals natürlich ebenso wenig ahnte: mit derart überspannten, reißerischen Aussagen à la Göring, Goebbels oder Hitler himself bringt man Menschenmassen heute noch zum Austicken, denn gerade im Populismus spielen Erregung erzeugende Emotionen wie Angst, Wut, Hoffnung oder Freude logischerweise eine zentrale Rolle. Der immense Vorteil der Populisten: Man muss selbst kein Hirn besitzen, um beim Volk im Gedächtnis zu bleiben! Geniales Zitat, was? Kein Wunder, ist ja auch von mir 😂...

Das Furchtbare ist, manche kommen nicht nur damit durch, sondern werden sogar noch von genau der Bevölkerungsgruppe zum Präsidenten gemacht, über die sie 2015 noch bösartig lästerten: "Wie die Schwarzen sind (die Latinos) zu dumm, um Trump zu wählen". Ehrlich, es tut mir Leid: in meinem Hirn herrscht noch immer völliges Unverständnis vor - aber wenn solche Aussagen scheinbar niemanden mehr beeindrucken, tja. 

Emotional aufgeladene Begriffe wie "Überfremdung" laufen ja auch bei uns seit Jahren echt supi, weil sie unmittelbar Ängste schüren, auch wenn es keinen einzigen vernünftigen Anhaltspunkt gibt, der diese Wortwahl rechtfertigt. In so manchen Regionen Deutschlands fürchte ich mich ehrlich gesagt auch weitaus mehr vor Übereinheimischung, aber na ja... anderes Thema.




Weil ich bereits als Kind gegen Faschismus geimpft wurde, treffen mich persönlich auch eher solche neofaschistischen Zitate wie "Das große Problem ist, dass man Hitler als das absolut Böse darstellt" mitten in die Amygdala, einem Teil des steinzeitlichen limbischen Systems des menschlichen Gehirns, der für Angst, Flucht, Angriff oder Schockstarre zuständig ist. Und ich frag mich verzweifelt: "Wollt ihr Hirn oder Höcke?".

Könnt ihr aber gleich wieder vergessen, falls es euch nicht interessiert. Alles Wissen - und demnach auch sämtliche Überzeugungen - sind ohnehin völlig subjektiv angeeignete und in den individuellen Zusammenhang eingepasste Informationen. Der Hirnforscher Gerhard Roth stellte nämlich fest: „Wissen kann nicht übertragen werden, es muss im Gehirn eines jeden Lernenden neu geschaffen werden“ (Roth, G. (2003): Aus Sicht des Gehirns. Frankfurt a.M., S.20).

Was meines Erachtens nach logischerweise nach sich zieht, dass man Menschen niemals mit so genannten Faktensachlichen Argumenten, gar RatschlägenTippsBelehrungen und noch so "konstruktiver" Kritik überzeugen kann. Ich würde sogar behaupten, dass all das eher Trotz, Widerstand und Unwillen hervorruft... tja, so schnell stehen diese kleinen Scherzkekse namens Gefühle nämlich wieder auf dem Plan!

Daher mäandere ich hier auch weiterhin meine läppischen kleinen Texte schreibend vor mich hin, noch (!) im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, was keineswegs selbstverständlich ist heutzutage, bei all den Low-Brainern und No-Brainern. Und ich verrat euch jetzt mal ein lang gehütetes Geheimnis: seit Anbeginn dieses Blogs schreib ich nicht etwa gegen irgendwen oder irgendwas an, und schon gar nicht steh ich auf kontroverse Diskussionen, die ja eh nix hinterlassen außer blöden Gefühlen. Ich schreib ausschließlich für irgendwen oder irgendwas, nämlich für mich selbst! Und natürlich dem Verbleib meiner paar Gehirnzellen. Vielleicht hilft's ja... 😂
 


OUTFIT:

Kleid: Esprit, 2018
Blazer; Ichi, neu
Schuhe: Tamaris, 2018
Tasche: aus Gran Canaria, 2019
Ring: DIY
Loop und WARAN-Brosche 😁: da Sempre

Kommentare

  1. Hi Babe, hi Zuckerschnecke,

    was für ein g****ler Schal , die Farben gefallen mir so sehr und die verschiedenen Strickmuster auch.! Überhaupt dein ganzes Outfit und die Täsch auch! Und der Ring auch und das Kleid!!

    So, Babe, mein Gehirn ist noch am schlafen. Eins will ich dir sagen, gestern wollte ich mir auch mal einen schönen Easy Peasy Film reinziehen und hab mir "Yesterday" angeguckt. Den kannte ich noch nicht. Was war der Film sweet. Zum einen , ziemlich viele Beatles Songs noch mal richtig zum Wohlfühlen, zum anderen, wie wäre es bescheuert gewesen, wenn es die Beatles nicht gegeben hätte und zum dritten, mein Highlight, John in hohem Alter zu sehen und sich zu imagen, was wäre wenn?. I love that movie. :-)

    Ähh, wo war ich?
    Ach komm,Maren , wen interessiert die Politik und was draus wird? Wir vergessen doch alle so schnell, außer man hat ein Elefantengedächtnis so wie ich und du, haha. Deshalb sind wir so unbequem, brrr.

    Schöner feiner Post von dir , ich wünsch dir einen schönen Sonntag,
    liebe Grüße,
    Claudia

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