Wohnen in London: London - Vienna - Munich!

Tja, ganz die Frau von Welt, immer am Jetten von einer aufregenden Metropole zur nächsten, und die Frisur sitzt. Hahaha. Was sich anhört wie eine Haarspraywerbung aus den 80ern, wurde auf meinem Heimflug auf eher unerfreuliche Weise Realität, denn ich hatte mich schon so auf Zuhause gefreut... nur um dann festzustellen, dass auch ein kurzer Europaflug nicht ganz frei von Überraschungen sein muss.

Eigentlich sollte dies ja mein abschließendes Fazit über mein "Wohnen in London" werden, aber ich hab beschlossen, dass ich das nicht ganz so eng sehe und London - beziehungsweise so manches, was mich dort beschäftigt, begeistert und/oder berührt hat - ohnehin noch hier und da in künftige Posts mit einfließt, also braucht es gar keinen wirklichen "Abschluss".

Aber zurück zu meinem Flug, der am Abend von Heathrow nach München planmäßig startete - zuvor hatte ich noch eine eher lange Busreise (fast 2 Stunden im Doppeldecker von East Croydon direkt zum Flughafen) hinter mich gebracht, die trotzdem recht kurzweilig war, weil man unterwegs hübsche Ortschaften und nette Stadtviertel bestaunen konnte). Außerdem dachte ich, ach egal, ich muss ja im Flieger nicht mehr lange sitzen, bin ja dann ratz-fatz in München.

Am Wiener Flughafen

Wenn ich euch sage, dass ich von vorneherein bereits ein komisches Gefühl hatte, als ich in den Flieger stieg, ganz so, als würde irgendetwas schiefgehen - und zwar über die üblichen mulmigen Gefühle der leichten Flugangst, die ich ja immer verspüre hinaus - werdet ihr mir es eh nicht glauben. Der Flug verlief ohne Probleme, aber über den Münchner Landebahnen kreisten wir gefühlt eine Ewigkeit... und man sah schon, wie es am Himmel blitzte. Wegen des starken Gewitters hingen, wie ich später erfuhr, auch noch 11 andere Maschinen in der Flugschleife fest.

Zunächst versuchten der Pilot und die Crew noch, die Passagiere mit aufmunternden Worten bei Laune zu halten, aber man merkte schon, dass die Durchsagen immer unsicherer klangen. Schließlich teilte der Flugkapitän uns mit, dass er nicht in die Gewitterwolken hineinfliegen würde, weil er Frau und Kinder habe. Ts. Weichei 😂! Und dass er deshalb die Anweisung bekommen hätte, nach Wien weiter zu fliegen. 

Nachtbus zum Hauptbahnhof

Wien also. Musste sofort an Love T. denken, die in ihren Posts oft so bildhaft und begeistert von ihrer Stadt berichtet. Daher bitte nicht falsch verstehen, ich wäre sehr gerne nach Wien gereist, was ich bisher von Wien gesehen hatte, fand ich superschön, aber gerade hatte ich mich doch schon so auf meine gemütliche Wohnung gefreut... 😞

Ungeachtet dessen landete der Flieger tatsächlich dort, wo der Himmel zum Zeitpunkt so blau (na ja, inzwischen bereits eher mitternachtsblau 😂) war wie das, was der Pilot uns von selbem log (ich vermute, er befürchtete ansonsten eine Meuterei an Bord!). Selbstverständlich würde er nach einer kurzen Auftankpause alle sicher nach München fliegen. Kurze Zeit später hieß es ein wenig kleinlaut, das ginge jetzt leider doch nicht, aber wir würden natürlich kostenlose Hotelzimmer bekommen, am Flugsteig sei bereits alles organisiert und gleich am nächsten Morgen würde der Weiterflug stattfinden.

Am Wiener Hauptbahnhof früh um 4

Als ich am Wiener Flughafen schließlich meinen schweren Koffer vom Band hievte (ich sag nur: Schuhe, Taschen und sonstiger Kram aus London!) und eine einzelne abgestellte Mitarbeiterin nach den Hotelzimmern gefragt wurde, antwortete sie nur mit einem kurzen Schnauben: "Keine Chance!". Als ich nachhakte, ob das hieß, dass wir nun alle quasi auf uns allein gestellt waren, antwortete sie schlicht "Ja"

Für mich jetzt kein Weltuntergang, da ich in diesem Zustand eh am Besten funktioniere 😂. Außerdem, he, es war Wien, keine einsame Insel, wo wir "notgelandet" waren und uns nun mit der Machete durch den Dschungel kämpfen und von Kokosnüssen und mit der Hand gefangenen rohen Fischen ernähren mussten 😂. Apropos: ich hatte seit 20 Stunden nichts mehr gegessen, und mein Magen meldete sich langsam protestierend. Im recht verlassenen Gebäude des Großstadtflughafens gab es allerdings (inzwischen war es ein Uhr nachts) nur einen einsamen geöffneten Burger King, der noch nicht mal Kaffee anbot, na super! So eine Melange wär's doch jetzt gewesen. Ich war mittlerweile echt müde.

Bahnsteig und Zug nach München

Spontan beschloss ich, mich auf keine Versprechungen mehr einzulassen und mit dem ersten Zug ins schließlich nicht so weit entfernte München zu fahren. Um 5 Uhr 40 in der Früh sollte ein Nachtzug aus Warschau am Wiener Hauptbahnhof halten, dann würde ich immerhin um halb elf zu Hause sein, na, geht doch. In diesem Zusammenhang übrigens ein dreifaches Halleluja auf fixe Onlinebuchungen - ich sag's euch, was bin ich dafür dankbar! Und wegen des eher mäßigen Fast-Food-Angebots am Flughafen beschloss ich, lieber mal zu gucken, was der Hauptbahnhof in dieser Hinsicht zu bieten hat und nahm den Bus bereits um 3 Uhr 30 dorthin.  

Wenn um Punkt 4 Uhr in der Früh vom Sicherheitspersonal die Türen des Wiener Hauptbahnhofs geöffnet werden (scheinbar wird dieser nachts abgeschlossen), könnt ihr euch ja vorstellen, wer da bereits wartend Spalier steht und Einlass begehrt 😂. Binnen kürzester Zeit saß ich also zusammen mit Wiens frühen, bunten, schrägen und offensichtlich aus dem Nest gefallenen Vögeln, denen man ansah, dass sie die Nacht nicht im Hotel Kaiserhof verbracht hatten, im Wartebereich zusammen und genoss mein Frühstück, bestehend aus einem Becher Latte macchiato und einer noch dampfend heißen Breze

Ich hatte das Gefühl, noch nie so etwas Gutes gegessen und getrunken zu haben, und während eine Frau zwei Sitze neben mir beherzt alle Menschen, die an ihr vorübergingen, lauthals kommentierte, bis sie schließlich mit einem geseufzten "Ollas bleede Oaschlecher!" von dannen schlurfte, schliefen andere auf den Sitzen ein, welche ihnen für ein paar Stunden ein wenig Sicherheit boten. Ein älterer Mann, der mir mit zitternder Hand eine Augensalbe unter die Nase hielt lächelte mich so lieb und warmherzig an, dass ich jetzt noch gerührt bin und sagte leise "Vielen Dank, Madame!", als ich ihm erklärte, wie er diese verwenden sollte.

Wieder im schönen Bayern

Nebenbei gesagt bin ich eh der Meinung, jeder Mensch sollte mal eine Nacht an irgendeinem Hauptbahnhof einer Großstadt verbringen. Was man da so beobachtet und erlebt, eröffnet neue Perspektivennimmt einem ganz viel unnötige Angst und erdet ungemein, falls man zuvor etwa irgendwelchen Höhenflügen aufgesessen war - von wegen London - Paris - New York, auf den Laufstegen der Welt... und so weiter. Ihr wisst schon.

Und bevor ihr fragt: Aber sicher doch. Roma Termini zum Beispiel (zum Glück mit einer Freundin, da hatte ich Angst), Frankfurt/Main (oh-oh, dagegen ist Wien echt gemütlich!), Barcelona (nicht direkt der Bahnhof, aber die Ramblas, dort teilte so ein "Straßenkämpfer" mit mir ein belegtes Baguette, werd ich nie vergessen). Bahnhöfe sind hochinteressante soziale Studien und lassen einen sehr klar erkennen, dass nachts komplett andere Gesetze herrschen und man zudem eine Welt betritt, die nicht das Geringste mit der des Alltags zu tun hat. Für die meisten zumindest... für andere ist ja genau dies Alltag. Ihr wisst schon, dass es uns richtig, richtig gut geht, oder?

Inzwischen bin ich natürlich wohlbehalten daheim angekommen. Morgen ist mein erster Arbeitstag und ich freu mich darauf. Genau wie auch auf den nahenden Herbst... (und vielen Dank für die Blumen, liebe Claudia! Wie lieb von dir... 💛) !


Schlussendlich ist und bleibt es jedem selbst überlassen, ob, wohin und wie oft man verreist. Und dass es letztlich Geschmackssache ist, wo ein jeder am Liebsten die Sonne untergehen sehen will, beschreibt der letzte London-Song, Sorry, Sweethearts - ich meine, DER letzte London-Song, vor dem ja nun wirklich alle Mod- und Britpop-lastigen Menschen bis heute in Ehrfurcht darnieder knien.

Es gibt so einige Coverversionen, an denen sich erkennen lässt, wie genial dieses Lied ist (the Jam, Peter Gabriel, sogar Ethan Hawke!). Mehr LONDON geht für mich nicht. Und statt Waterloo könnte es schließlich auch "East Croydon", "Steinhausen" oder "Favoriten" heißen, nicht wahr? 😂 

Ein paar abschließende Fotos vom dirty old river (der heutzutage zum Glück gar nicht mehr so dirty ist) inklusive.


Dirty old river, must you keep rolling
Flowing into the night?
People so busy, make me feel dizzy
Taxi light shines so bright

But I don't feel afraid
As long as I gaze on Waterloo sunset
I am in paradise

Every day I look at the world from my window
Chilly, chilly is the evening time
Waterloo sunset`s fine

(Ray Davies, the Kinks, 1967)

East Croydon Sunset's fine...

Kommentare

  1. Oh, no! Was für eine Heimreise! Gut, dass Du so eine Profi-Reisende bist. Alle anderen wären verzweifelt, Du machst einen klasse Post daraus! Und die Frisur sitzt...:-))
    Also, Deine gesamten London-Posts waren klasse, liebe Maren und ich freu mich schon darauf, immer mal wieder Einsprenksel davon zu bekommen.
    Heute bin ich auch in München, aber in familiären Zusammenhängen und nicht mit dem Flieger... auch nicht mit der Bahn... kann also gar nichts passieren! :-)
    Einen guten Arbeitseinstieg morgen wünsche ich Dir und heute noch einen feinen freien Sonntag!
    Herzlich,
    Sieglinde

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  2. Liebe Maren,

    das war dann ein schöner Abschluß.;-)

    Aber besser so, als im Gewitter abgestürzt. Der Pilot konnte ja nicht ins Gewitter fliegen. Und der Rest, der ist dann kacke. Ein Hotelzimmer , das versprochen wurde und dann nicht zur Verfügung stand, ist schon saublöd.

    Wie gut, dass du gelernt hast, dich auf dich selbst zu verlassen und den Zug gebucht hast und endlich in München angekommen bist. Irgendwann kannste darüber lachen.

    Ja, uns gehts echt gut. Weiß es jemand zu schätzen? Keine Ahnung. Mir fällt dann immer meine Nichte ein, die pünktlich zu ihrem 18. Geburtstag ein neues Auto vor der Tür hatte. Ohne je eine Stunde gearbeitet zu haben.

    Was soll's ? Zum Glück kann ich mich an kleinen Dingen freuen und ich hoffe, dass das mir nie abhanden kommt.

    Viele Grüße,
    Claudia

    Die letzte Freibadwoche hat begonnen. Gern für die Blumen. Mir ist nix anderes eingefallen, meine Tage waren zu anstrengend.

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  3. Oops Maren, das ist ja eine Geschichte! So spannend und humorvoll, wenn auch voll Ironie, ich weiß nicht, ich hätte sicher viel gejammert. Aber das hätte Dir ja nix geholfen. Du hast das super gemeistert. Ich frage mich nur, wieso Hotelzimmer versprochen werden und dann keine da sind? Wer reist kann was erzählen, das stimmt sowas von.
    Ich bin mir sehr bewusst wie gut es uns geht und sehr dankbar dafür. So ein klein wenig tun wir aber auch etwas dafür, nicht wahr.
    Ich freue mich, dass Du wohl behalten zurück bist und diesen besonderen Urlaub wirst Du noch lange im Kopf behalten.
    Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag, liebe Grüße Tina

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  4. Zu lesen war die Geschichte deiner langen und aufregenden Heimreise spannend, bin froh das dich mein Wien mit dem Zug schlußendlich gut nach Hause brachte. Bedanke mich für die liebe Verlinkung, küss die Hand Gnä` Frau <3
    Das letzte Foto ist toll, lila Himmel ist so mystisch und schön.

    Bei Waterloo Sunset und Kaffee sitzend wünsche ich dir einen Sonntag nach München, liebe Grüße

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