All the world’s a stage,
And all the men and women merely players!
(Willy Shakespeare, "As you like it", 1599)
Was sich heutzutage anhört wie das katastrophal falsche Englisch eines deutschen Touristen in London, ist nichts anderes als Shakespeare-Englisch aus dem Jahr 1599. Fünfzehnhundertneunundneunzig, das muss man sich erst einmal vorstellen können! Und daran erkennt man halt sehr deutlich, dass das Sammelvolk der Angeln, Sachsen, Jüten, Friesen und Niederfranken die englische Sprache größtenteils geprägt haben.
Zum Beispiel weiß ich, dass man in Teilen Schottlands heute noch "Finf, six, siewen, acht" (!) zählt und dass die im Osten des Landes (statt "to know") verwendete Verbform (to) "ken" so viel bedeutet wie "wissen" oder eben auch "kennen". Trotzdem könnt ich mich ja immer über altenglische Satzfragmente wie "Thou hast spoke for us" - "What thinkest thou of his opinion?" oder gar "Why is she so?" wegschmeißen, weil sie so "deutsch" klingen.
Daher konnte selbst ich der Handlung auch einigermaßen folgen, wobei das nun wirklich nicht so schwer ist bei "The twelfth night or what you will", weil es halt eine eher seichte Komödie ist, deren Handlungsstränge nicht allzu kompliziert und deren Inhalt bereits zuvor selbst bei solchen Theaterbanausen wie mir wohl irgendwann mal hängen geblieben ist.
Außerdem... äh... na kommt schon, what will you eigentlich? Immerhin war ich bei Shakespeare und fand es supi! Auch wenn ich zweieinhalb Stunden im Innenhof gestanden bin wie beim Rockkonzert! Dafür kostete das Ticket erheblich weniger als bei Springsteen, hahaha! Zum Schleuderpreis von 7 Pfund irgendwas hatte ich es erstanden, nicht zu glauben!
In diesem Fall zieh ich wirklich den Hut vor London, denn Kultur sollte vor allem eines nicht sein, nämlich unbezahlbar und nur was für Privilegierte. Ich find's klasse, dass die meisten Museen hier gar nichts kosten und auch die Theateraufführungen sehr niedrigpreisig sind. Somit gibt's zumindest für Londoner keine Ausreden mehr, denn ein Besuch im Pub am Freitagabend reißt auf alle Fälle ein weit größeres Loch ins Portemonnaie! 😂
Für Bloggerinnen ist so eine Shakespeare-Aufführung im Globe Theater in London allerdings eher weniger geeignet, denn bei der Aufführung wird von einigen resoluten Ladies mit leicht verkniffenem Gesichtsausdruck (wer kann's ihnen verdenken?) strengstens darauf geachtet, dass sämtliche Handys und Kameras ausgeschaltet werden. Puh!
Und dabei trugen die Schauspieler so wunderbare und farbenfrohe Kostüme - das ganze Bühnenspektakel hätte ich wirklich gerne bildlich für euch eingefangen! Okay, ein einziges superschnelles Foto hab ich doch klammheimlich nach der Pause geschossen, als gerade niemand geguckt hat - na, what thinkest thou?
Kaum zu glauben, aber das von Mai bis Oktober geöffnete Freilufttheater "The Globe" hatte der US-amerikanische Schauspieler Sam Wanamaker erst Ende des 20. Jahrhunderts nach altem Vorbild rekonstruieren lassen, es steht also noch gar nicht so lange in seiner alten Pracht am Südufer der Themse. Erst 1997 wurde das heutige Shakespeare’s Globe eröffnet und führt seither Stücke des berühmten Dramatikers auf.
Das alte Globe Theater wurde allerdings bereits 1599 von der Schauspieltruppe The King’s Men erbaut, zu der auch William Shakespeare selbst gehörte, welcher sozusagen als Hausdichter des damaligen Start-ups 😂 das Privileg besaß, dass in den Folgejahren alle seine Stücke dort aufgeführt wurden. Ganz dem Geschmack des elisabethanischen Zeitalters entsprechend mit viel Pomp, prächtigen Kostümen, Musik und Tanz, aber mit nur wenigen Kulissen oder Requisiten.
Das Globe wurde 1613 durch ein Feuer vernichtet, schon bald jedoch wieder errichtet aber letztendlich auf Beschluss der damaligen puritanischen Regierung 1644 komplett abgerissen. Beim rekonstruierten Globe handelt es sich - wie beim Originalbau auch - um einen achteckigen, fast runden Fachwerkbau mit einem Innenhof ohne Dach und drei umlaufenden Galeriegeschossen mit geschützten Sitzplätzen.
Da kein Platz mehr als 20 Meter von der Bühne entfernt ist, fühlt man sich während der Aufführung, insbesondere im Innenhof, den Schauspielern wortwörtlich kuschelig nahe - denn diese spielen nicht nur auf der Bühne, sondern wandern während der Aufführung auch im Hof zwischen den Zuschauern umher - und beziehen diese auch teilweise mit ins Stück ein.
Alles in allem war "What you will" ein wirkliches Erlebnis - und das Ticket konnte ich auch kurzfristig buchen. Allerdings gab's da schon keine Sitzplätze auf der Galerie mehr, weshalb ich das lange Stehen in Kauf nahm - dort kriegt man wie oben schon erwähnt, ohnehin wesentlich mehr mit.
Meine Zeit in London geht nun zu Ende - am Sonntag erwartet euch noch ein abschließender Post dazu, und danach hoffentlich einige "London"-inspirierte Outfits if you will. 😂 Ich freu mich jetzt ehrlich gesagt wieder sehr auf Zuhause!
Ich bin beeindruckt. Nicht nur von der Kulisse. Man sagt ja nicht umsonst "Denglisch", obwohl dieses verdeutschte Englisch sicherlich ein bisschen anders als das englische Deutsch. Wünsche dir noch einen schönen Resturlaub.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Sabine
Ach mega, dass Du eine Aufführung besucht hast! Und heimlich Fotos gemacht hast, an mein Herz Du Heldin des Tages, if you will. Auch für das lange Stehen.💕 Wir haben es ja nur so besucht ohne Aufführung und ich dachte noch, ein Erlebnis ist das sicher schon, hier ein Stück zu sehen, auch wenn mir Shakespeare jetzt nicht so nahe geht, bin eine Banausin und habe mit damals als Souvenir diese Ansteckbiene to bee, or not to bee gekauft. 😂
AntwortenLöschenIch werde Deine London Posts vermissen, freue mich schon auf Deinen nächsten August. 😁 Gewöhn Dich zuhause wieder schön ein. 💕
Liebe Grüße Tina
Das habe ich bei meinem letzten Londonbesuch einfach verpasst... und das als Shakespeare-Enthusiastin. Bewunderung, dass du dich das getraut hast!
AntwortenLöschenGutes Heimkommen in M. wünscht dir
Astrid
Hallo Lady Marian,
AntwortenLöschenjetzt bist du nicht nur Auslandskorrespondentin, sondern auch Undercover Agentin in Bezug auf heimliche Fotos, um deinen Lesern die Shakespearsche Theaterwelt näher zu bringen. Sehr mutig und agentig.
Sieht schon interessant und beeindruckend aus, die Kulisse.
Zweieinhalb Stunden Stehen im Innenhof, das ist schon lang. Und die Sprache, ja die gefällt mir. Die ganzen thou and arts und so weiter.
Bald bist du bereit, am Hofe zu tafeln....
Ja, dann wünsche ich dir einen guten und angenehmen Heimflug und sag schon mal danke für deine kurzweiligen London- und Umgebungberichte. :-)
Viele Grüße,
Claudia
Ein dramatischer Höhepunkt und Abschluss der London-Urlaubsberichte und dann noch mit clandestinen Fotos illustriert. Nur dabeisein wäre noch besser gewesen.
AntwortenLöschenIch wünsche Dir einen angenehmen Flug und gutes Ankommen im Alltag, Sula
Oh, liebe Maren, das ist einfach großartig von Dir, dass Du uns sogar dorthin mitnimmst. Und noch dazu mit Fotos!!!!
AntwortenLöschenAllen Respekt und Dank sag ich Dir. <3<3<3
Ich bin ein Fan von Shakespeare und war schon in Stratford-upon-Avon so beeindruckt. Das Globe in London habe ich nur von außen gesehen und nun mit Dir noch von innen und mit Schauspielern und Bühne. Und noch dazu im Stehen Deinerseits. Das ist wirklich eine Leistung.
Ja, dass Kultur in London insgesamt günstig ist, das finde ich auch bemerkenswert. Sollte bei uns auch viel mehr so sein...
Nun komme gut zurück und genieße Deine Kemenate at home.
Ich freue mich auf den "Abschlussbericht" und auf die Looks...
Herzlich,
Sieglinde
Ein beeindruckendes Gebäude - erinnert innendrin ein wenig an die Studiersäle im Mittelalter. Und ich freue mich immer, wenn man solche altehrwürdige Gemäuer restauriert bzw. wieder aufbaut- und wundere mich auch sehr, was früher möglich war ohne das ganze moderne Equipment!
AntwortenLöschenAuch für die alten Formen unserer Sprachen habe ich ein Ohr; das hört sich sehr witzig an und auch ein bisschen überkandidelt für unser "modernes" Empfinden. Aber ich würde gerne mal ein paar Tage zurückreisen in der Zeit und erleben, wie das damals so war. Bestimmt nicht die "gute alte Zeit", wie wir sie uns manchmal romantisch vorstellen- aber mit Sicherheit höchst spannend!
Komm heil zurück in die Heimat, herzliche Grüsse!
Yes I will Outfits sehn!
AntwortenLöschenThe Glob ist ja toll, erinnert mich an eine Arena. Eine ganz andere Art mal Theater zu erleben.
Dein London Beiträge sind in den letzten Wochen ein Highlight gewesen. So schöne Fotos und Geschichten, du hast bestimmt nicht nur mir London nähergebracht.
Liebe Grüße
Wow, ich bin begeistert, toll dass du dort warst und auch so rel leicht Karten bekommen hast! Hätte ich nicht vermutet...
AntwortenLöschenDu hast aus deinem Aufenthalt ganz schön viel "herausgeholt" und mir London schmackhaft gemacht... 😊
Lg und eine angenehme 1. Arbeitswoche