Sunday Colours: Wort zum Sonntag 2: wer's glaubt...! Religion, Respekt und Humor

Grüß Göttin, Shalom und Namasté! Danke meinen lieben Leser*innen für jede Menge Zuspruch, Ergänzungen und den ein oder anderen Hinweis zu meinem letzten "Wort zum Sonntag". Da es meiner Ansicht nach so gut in die stade Zeit passt, und Ihr beim Anzünden des dritten Kerzerls schließlich wissen solltet, worauf Ihr Euch da eigentlich einlasst 😁, will ich Euch weitere Gedanken zum Thema nicht vorenthalten.

Zum einen wollte ich nochmal über das Thema "Respekt" plaudern: als ich geschrieben habe, dass ich "Religionen nicht respektiere", meinte ich damit, dass ich zum einen keinen religiösen Gesetzes- und Gebotekatalog blind befolge und Institutionen, in deren Namen schon so viel Leid, Krieg und Unterdrückung geschehen ist, für äußerst fragwürdig halte. 

Aber als freiheitsliebender Mensch erkenne ich selbstverständlich die im Grundgesetz Artikel 4 verankerte unverletzliche Freiheit des Glaubens als wertvoll an. Danke, liebe Sieglinde, für den Hinweis! Ich bin absolut im Reinen damit, dass jeder Mensch seinen individuellen Glauben ausleben darf wie er oder sie es möchte. Ist ja kein Thema.

Dummerweise gab und gibt es jedoch so einige Vereinigungen, die die Freiheit der Nicht- oder Andersgläubigen leider keineswegs anerkennen: Anführer "heiliger Kriege", Missionare, Djihadisten, Assassini, pädophile Pater und sonstige Kriminelle. Oder einfach nur ganz gewöhnlich durchgeknallte Menschen, die in einem Anfall von "göttlicher" Allmachtsfantasie andere bedrohen, missbrauchen, töten, verurteilen, unterwerfen. Ist dann eher nicht so meins. 

Aber um's nochmal klarzustellen: ich respektiere Menschen, auch religiöse, vor allem diejenigen mit Humor (ich sag mal so: den braucht man vermutlich in diesen Vereinen auch!). Speziell in einem Berufsumfeld geprägt von vielen kirchlichen Trägern schätze ich die Unerschrockenen, die dort (im sozialen Bereich) tätig sind, sehr. Ich habe einige wirklich originelle und liebenswerte Glaubensvertreter kennengelernt: von der Ordensschwester über den katholischen Pfarrer oder die Sozialarbeiterin in der karitativen Einrichtung. 

Ich habe gesehen, was sie konkret tun. Zum Beispiel viel Gutes! Aber leider sehe ich auch, welchen Einfluss die (katholische) Kirche gerade in Bayern immer noch hat. Und Menschen in Ehrenämtern zu halten, nach dem Motto: ein "Vergelt's Gott" ist schließlich Lohn genug, halte ich für ausbeuterisch. Das sollten die mal bei Ingenieuren oder IT-lern versuchen!

Nach meinem Studium wär ich nur allzu gern im schönen Bamberg geblieben, aber finde mal als Nicht-Katholikin in der Erzdiözese einen bezahlten Job! Vergesst es, zumindest Ende der Neunziger. Ach ja, und übrigens: falls Ihr Euch der Illusion hingebt, dass man andere Religionen keinesfalls, den Katholizismus jedoch ungestraft kritisieren darf: Hahahaha! Okay, man wird vielleicht heute nicht mehr gehängt oder als Hexe verbrannt, aber dennoch....

In Bamberg konnte man sich beim Träger durch kritische Äußerungen, den eigenen "unmoralischen" Lebenswandel oder einfach nur der Weigerung, die Anweisungen zu erfüllen, die da beispielsweise lauteten, man soll die Klientin in der Schwangerenberatung darauf hinweisen, dass sie Mord am ungeborenen Leben begehe (falls sie sich mit dem Gedanken eines Abbruchs trägt), ratzfatz selbst "ins Aus" katapultierten. Tja, weigere dich, eine verzweifelte Frau als Mörderin zu bezeichnen, und das war's dann mit der beruflichen Karriere in der Stadt deiner Wahl. 

Und in diesem Zusammenhang nochmal Danke an Beate, die mich auf folgenden Wikipedia-Artikel gestoßen hat, der einem nochmal verdeutlicht, wie gering der Kirchensteuer-Anteil ist, der seitens der großen Wohlfahrtsverbände tatsächlich für soziale Zwecke verwendet wird.

Aber zurück zum Thema Humor. Es gibt sie nämlich, die kleinen, aber feinen Unterschiede, sogar und gerade in der sarkastischen Respektlosigkeit. Zunächst mal muss man wissen, dass Respektlosigkeit immer auch irgendwie Bestandteil von Humor ist: ich lache mich beispielsweise immer noch über "Life of Brian" ("Für jeden bitte nur ein Kreuz!") schlapp und neulich bei der Weihnachtsfeier im israelisch-jüdischen Restaurant auf dem Weg zur Toilette musste ich sehr über Plakate kichern, auf denen in Sütterlin stand: "Deutsche! Esst bei Juden!", "Deutsche! Trinkt bei Juden!" respektive "Deutsche! Feiert bei Juden!". Muuuhahhahhaaa! Ob das nun lustig ist oder nicht, wird allerdings kontrovers diskutiert - s.TAZ-Artikel!

Ich finde sowas schon komisch. Aber Achtung - und jetzt kommt's drauf an: als Deutsche sollte man tatsächlich die Finger von solchen Scherzen lassen! Ich mein's ernst. Auch unqualifizierte Bemerkungen über klischeehaftes Aussehen oder angeblichen Berufsstand eines Vertreters der jüdischen Glaubensgemeinschaft sind für mich völlig inakzeptabel. Nochmal zum Mitlesen: INAKZEPTABEL. Warum? Na, dafür gibt es wohl mehr als sechs Millionen Gründe, nicht wahr? Also, Deutsche, esst, trinkt und feiert gern bei Juden, aber versucht bitte nicht, zu diesem Thema witzig oder allzu forsch zu sein. Es wird stets misslingen.

Gar nicht misslungen war hingegen das 4-Gänge-Menü im Restaurant "Schmock"!

"Gil Ofarim, du hirnloser Schmock!" hingegen ist für mich eine völlig legitime Bezeichnung für jemanden, der seine Religion dazu benutzt, Rufmord zu begehen. (Für alle, die es nicht mitgekriegt haben: der jüdische Musiker und Schauspieler Ofarim bezichtigte einen Leipziger Hotelangestellten, ihm gedroht zu haben, ihn erst zu bedienen, wenn er seine Davidsstern-Kette ablegte. Später vor Gericht gestand Ofarim allerdings, die Geschichte frei erfunden zu haben. Scheinbar habe er sich geärgert, weil man ihn an der Hotelrezeption warten ließ). 

Respekt, Leute! Ist doch eigentlich gar nicht so schwer: ich kopuliere nicht in Badekleidung in der Ecke einer orthodoxen Kirche auf Rhodos, ich latsche nicht im sexy Outfit durch die Kasbah und ich setze mich nicht fürs Insta-Foto auf eine Buddha-Statue. Ehrlich, warum auch bloß? Und glaubt es oder nicht... alles schon passiert! Ich kann Religionen und die damit verbundenen kulturellen Gegebenheiten kritisch betrachten und muss mich trotzdem nicht aufführen wie der letzte Hirni. Ich denke, das ist kein Widerspruch.

Ehrlich gesagt wünschte ich mir in solchen und anderen Fällen irgendwie doch eine riesenhafte, mächtige Göttin in Gestalt von Aretha Franklin, welche bei Bedarf begleitet von Blitz und Donner aus dem Himmel steigt, sich geisterhaft in all ihrer Pracht vor jedem aufbaut, der gerade im Begriff ist, andere abschätzig zu behandeln, eine ahnungslose Bemerkung fallen zu lassen oder eine dumme Aktion zu starten, und diesen mit einem ohrenbetäubenden "R - E - S - P - E - C - T!!!!" ansingt. Das wär ein Spaß! 

Aber so im Allgemeinen sind mir diese religiösen Klischees manchmal echt too much. Ich hab da nämlich eine ganz simple Sicht: wenn ich mich selbst schon als Muslima oder Yesida, römisch-katholische Christin, Rastafari-Anhängerin oder meinetwegen auch Yedi-Ritter bezeichne, dann wär es doch möglicherweise ganz angebracht, irgendeinen leisen Hauch einer Ahnung... äh...? 

Sonst könnt's mir womöglich noch passieren, dass ich ganz umsonst jede Menge gutes Karma auf dem Konto anhäufe, irgendwann ohne Anwalt vor dem jüngsten Gericht stehe, die Mitglieder einer anderen Glaubensgruppe hasse und bekriege, beim Anblick eines brennenden Dornbuschs die Feuerwehr anrufe oder als Bettwanze wiedergeboren werde (in der illustren Gesellschaft von Hitler, Mussolini, Stalin und Milošević!) und gar nicht weiß, wieso, weshalb, warum. Wär doch oberpeinlich, irgendwie. 

Nach reiflicher Überlegung hab ich jedenfalls beschlossen, dass ich liebend gerne aufs Nirvana verzichte, das hat eh sowas Endgültiges. Und auch auf die vielen undurchschaubaren Regeln des Buddhismus, puh! Und auf gar keinen Fall möchte ich nach meinem Ableben, dass mich im Paradies 500 Jungfrauen erwarten, ein echter Alptraum! Da denkt man, endlich raus aus der Jugendhilfe und dann Zicken-Terror...!? Och nö.

Ich will auch keinen Smalltalk mit Petrus am Himmelstor führen, und schon gar nicht will ich in irgendwelche lodernden Höllenfeuer geworfen werden, ja Mensch, das tut doch weh! Außerdem denke ich ehrlich gesagt, dass Religion den Menschen sehr wohl dazu verführen kann, egozentrische und narzisstische Züge anzunehmen, sich besser als andere zu fühlen ("Auf mich wartet das Paradies und Ihr kommt in die Hölle, ätschi-bätsch!") und daher irgendwann zu meinen, die Lizenz zum selbsternannten, belehrenden Oberguru zu besitzen. Oder möglicherweise gar zum immerzu leidenden, märtyrerhaften, verfolgten Opfer. Beides ist einfach nicht so mein Lifestyle.