Sunday Colours: Weihnachtsstress

Was hat der Jahr für Jahr im Radio rauf und runter gedudelte Song "Last Christmas" eigentlich mit Stress zu tun? Ganz einfach: der allgemein als Dysstress bekannte Nervenzustand ist sozusagen hausgemacht... im Grunde genommen gibt es ihn ja gar nicht, den Stress, wenn man so will. Whaaat? Genau. Wie so oft, haben wir nämlich auch diesmal die freie Wahl.

Heißt konkret: wer bereits nach wenigen öden Takten, synthetischen Glöckchenklängen sowie George Michaels säuselnder Schmalzstimme Blutdruck und Herzschläge nicht mehr kontrollieren kann und statt dessen brachiale Gewaltfantasien entwickelt, tendiert möglicherweise zur DIY-Stressbacke. 

Auf Dauer schadet so ein selbstgewähltes Stressbackendasein allerdings Magen, Herz und nicht zuletzt Leber, wie euch jede medizinisch ausgebildete Fachkraft bestätigen könnte. Derzeit würde ich persönlich allerdings davon abraten, überlasteten Fachkräften mit nervtötenden Fragen auf den Senkel zu gehen. Die haben gerade genug zu tun.

Advents-Kaffeekränzchen: selbstgebackene, zucker- und weizenfreie Apfel-Muffins...

...mit geriebenen Äpfeln, Zimt und Pumpkin Spice...

Der für den Organismus schädliche Dauerstress, welcher sich scheinbar besonders in der Vorweihnachtszeit unkontrollierbar ausbreitet, ist also das Ergebnis einer freien Entscheidung. Auch wenn manchen diese möglicherweise nicht leicht fallen mag. Es soll ja tatsächlich Menschen geben, die glauben, dass es sich merkwürdig oder gar einsam anfühlen müsste, wenn sie Heiligabend allein, zu zweit, im Urlaub oder einfach gar nicht verbringen. Dazu kann ich nur sagen: Ha ha ha! Beziehungsweise: Ho ho ho! 

Denn was ist üblicherweise die Alternative? Doch wohl eher gesundheitsschädliche Faktoren wie verkrampfte Familienzusammenkünfte, merkwürdige Erwartungshaltungen, bittere Enttäuschungen, ungerechtfertigte Vorwürfe aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums, heftige Auseinandersetzungen, unkontrollierte Wutausbrüche bis hin zu Mord und Totschlag im Affekt - unangenehme Nebeneffekte wie abgefackelte Innenräume durch umgestürzte Christbäume inklusive... hach Gottchen, wer kennt es nicht?? 

...da macht das Backen sowie das Verputzen echte Freude!

Als aufmerksame Studierende höchst spannender menschlicher Verhaltensweisen samt ihrer dahintersteckenden Logik, der man sich nicht entziehen kann, wenn man das Prinzip mal verstanden hat (Humanistische Psychologie ist im Grunde wie Mathe, auch wenn das Individuum angeblich mehr ist als die Summe seiner Teile!) wundert mich das alles nicht die Bohne. Aber mal Butter bei die Fische: muss das denn sein?! Erstens: nope und zweitens: nö. Lasst euch einfach nicht aus der Ruhe bringen... auch und gerade nicht in der staden Zeit. 

Zucker- und (fast) Kohlehydrat-freie, selbstgebackene Kekse:
Zucker und Weißmehl stressen...!

Denn bestimmt kennt ihr auch die berühmte Weissagung der Cree: Erst wenn euch der letzte mit Einkaufstüten bewaffnete Asi angerempelt, der letzte brüllende Handynutzer euer Trommelfell zerstört und euch der letzte eilige Paketbote überrollt hat, werdet ihr merken, dass mit Weihnachten nicht zu spaßen ist! Was also tun? In der Großstadt sechs Wochen vor und zwei Wochen nach Heiligabend eigentlich nur eines: zu Hause bleiben, wo's am Schönsten ist.

Ansonsten gilt: Ausweichen, Ohren zuhalten, Augen aufsperren. Und möglichst schnell wieder nach Hause... ihr wisst schon. Uuuups... hat soeben jemand frustriert "Haha, die hat gut reden!" gezischt? Also, ich muss doch wirklich bitten! Macht aber gar nix, das bin ich schon gewohnt. Wer nicht beim gestressten Dauerstänkern mitmischt, generell eher dankbar und gechillt durchs Leben und mit dem Flow mäandert, macht sich im Allgemeinen nämlich doch eher unbeliebt.  

Daheim gibt's keinen Stress...
gilt zwar für die wenigsten Menschen,
aber für mich schon. Großes Glück!

Widerstand zwecklos: weihnachtliche Deko muss sein!

Dicke Rentiere und schlanke Tannen...

... und am Abend leuchten die Lichter von draußen herein!

Natürlich gibt es bei mir auch oft genug innere Widerstände, kein Thema. Erledigungen, die ich lieber aufschieben, Menschen, die ich lieber vermeiden, Besuche, die ich lieber umgehen würde - aber in dem Moment, wo mir klar wird, dass alles sozusagen auf meinem freien Willen fußt und selbst Unangenehmes eine Folge meiner Entscheidungen ist - fühle ich mich wieder privilegiert und erwachsen. Und eben nicht genervt, gestresst oder gehetzt.

Ich hab sogar festgestellt, dass man bösen Dysstress umgehen kann, indem man sich in das Unvermeidliche nicht nur fügt, sondern sich ihm sozusagen bewusst hingibt. Denn wenn man eine Sache mit Hingabe tut, ist ein blankes Nervenkostüm überhaupt nicht möglich. Mittlerweile bin ich fast im Hingabe-Nirvana angekommen: ich kann sogar überfüllten Weihnachtsmärkten etwas abgewinnen. Und ihr werdet es kaum glauben, aber bei "Last Christmas" summe ich inzwischen auch ganz entspannt mit...

Auch, wenn ich (links, in rosa und gelb) bereits ein wenig erschöpft darnieder sinke 😂,
betrachte ich dennoch hingebungsvoll das schrille und ungewöhnliche Wesen vor mir...

Falls ihr jetzt einwendet, ich müsste mir diesen unerträglichen Schrott doch ohnehin nicht anhören, tja. Täuscht euch da mal nicht, denn meine crazy Kids singen ihn seit Wochen (übrigens im Wechsel mit einer fast schon Psychiatrie-reifen Version von "Jingle Bells"). Besonders beliebt das Refrain-Ende: "...Ei giffiti sonwon speschoon - speschoon..!" Ich konnte mich dem Wahnsinn also gar nicht entziehen.

DIY-Kette mit Gold, Beton/Epoxidharz und Perlen...

... und adventlicher DIY-Ring

War auch nicht notwendig, denn während meine Kollegin dem Nervenzusammenbruch nahe aus unerfindlichen Gründen in letzter Zeit öfter mal das Weite suchte, summte ich hingebungsvoll "this year... to save me from tears... I'll give it to someone special, special..." und feilte anschließend an der Performance meiner "Background-Voice-Glöckchen-Arrangements"... Dinge-linge-linge-linggg! Dinge-linge-linggg! Dinge-linge-linggg!! Die sind zwar noch ausbaufähig. Aber wenn's weiter so gechillt läuft, hab ich schließlich noch Jah-re vor mir. 

"Last" Christmas?? Na, bei dem niedrigen Stresslevel ganz sicher nicht😂😂😂!